(The new Face of Anti-Racism. Die FSK-Sendung ANILAR FM, Teil 7.)
10 Jahre rechtes „türkisches Community-Radio Anilar FM“ als
Konsequenz des ethno-pluralistischen Antirassismus
.
DIE UMDEUTUNG VON
ANTIFASCHISMUS, ANTINATIONALISMUS, ANTIRASSISMUS
und ANTISEMITISMUS
.
(7.1.)
Der Begriff des
ANTI-FASCHISMUS
hat während des Kosovokrieges sein Vorzeichen gewechselt. Antifaschisten, in deren unspezifischem Faschismus-Begriff der Nationalsozialismus und damit die Judenvernichtung unsichtbar gemacht wird, wurden vor 1990 (und noch etwas danach) in der BRD vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie die Kontinuität der BRD-Eliten betonten und damit das postfaschistische Deutschland delegitimieren wollten. (Zuletzt traf es die deutsche Sektion der Fédération Internationale des Résistants – Association Antifasciste, die noch unter Innenminister Otto Schily vom Verfassungsschutz unter „linksextremistische Bestrebungen“ aufgeführt wurde). Seitdem man jedoch im Namen des „Antifaschismus“ mit Jugoslawien einen Staat bombardierte, der im Kampf gegen NS-Deutschland entstanden war, zahlt faktisch jede „antifaschistische“ Aktivität auf das Konto des „guten Deutschlands“ ein. Und seit man den „verordneten Antifaschismus“ der DDR erfolgreich denunziert hat, werden auch die antisemitischen Attentäter vom 20. Juli (Goerdeler, Beck, von Hasel, von Dietz u.a.), die den Massenmord an den Juden mittrugen, als Antifaschisten geehrt. Seit 1999 legen Rekruten der Bundeswehr in Berlin am 20. Juli das Gelöbnis ab – zunächst im Bendlerblock und seit 2008 auch vor dem „Reichstag“, dem Sitz des Parlaments der Berliner Republik. Heute gilt Antifaschismus als Teil der patriotischen „Zivilgesellschaft“ und wird (wie die rechten Islamverbände) über propagandistische Staatsprogramme wie „Demokratie leben“ politisch und finanziell gefördert. Der alte VVN-Antifaschismus freut sich heute über die Duldung und geht begeistert auf in breiten „Aktionsbündnissen gegen Rechts“ mit halbstaatlichen und staatlichen Institutionen sowie mit radikalislamischen Gruppen von DITIB bis Schura. Während der VVN-BdA bis 1989 Israel noch als imperialistischen Handlanger der USA bezeichnete und Antisemitismus überhaupt kein Thema war, ist man jetzt gemeinsam mit israelfeindlichen Sozialdemokraten und radikalislamischen Kräften auch „gegen Antisemitismus“, um mit noch besserem Gewissen Iran und die Hamas gegen Trump und die „israelische Rechte“ verteidigen zu können.
–
(7.2.)
Ähnlich ist es beim
ANTI-NATIONALISMUS
Nationalisten sind heute meistens die anderen. Aus der Perspektive der europäischen Führungsmacht sitzen sie vor allem in den von ihr abhängigen Staaten: In Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Italien etc. Das sieht man auch in der Linken so, wie der Tenor vieler Artikel über den polnischen oder britischen Nationalismus zeigen.
Wenn zum Beispiel Polen eine Billion Euro Reparationszahlungen vom vereinten Großdeutschland fordert, wissen auch Linksalternative sofort , dass das nur ein fieser Trick polnischer Revanchisten ist: „Denen geht es nicht ums Geld, sondern darum, deutsche Kritiker des Rechtspopulismus mundtot zu machen“. Was viele darüber denken, stand in der TAZ: „Antideutsche Kampagne in Polen. Rechte Medien springen auf eine antideutsche Kampagne der Regierung an und fordern Reparationen. Die Deutschen hätten nie auch nur einen Groschen an Entschädigungen bezahlt, geiferte Jarosław Kaczyński.“ Dass es das Thema überhaupt in die Taz geschafft hat, ist schon eine Ausnahme: Die meisten linken Blätter, die über Reparationsforderungen aus Griechenland und Italien häufig berichten, haben kein einziges Wort zu der polnischen Forderung gesagt.
Auch wenn die Engländer trotz vieler damit verbundenen Nachteile mehrheitlich für den Brexit votieren, kommt in linken Artikeln über britische Nationalisten, Rechtspopulisten, Rassisten und andere Anhänger der „Kleinstaaterei“ die „German Übermacht“ kaum noch vor bzw. sie verschwindet hinter allgemeinen Phrasen über die „Krise der kapitalistischen Moderne“, die den Überdruss an den Deutschen angeblich verursacht hat. Über die EU denkt man nicht viel anders als BDI-Chef Ulrich Grillo. „Nur gemeinsam werden wir Europäer in der Welt noch erfolgreich sein können“. Schnell vergessen ist, dass die Deutschen gerade eben noch Griechenland aus der EU werfen wollten („Akropolis Adieu: Warum Griechenland den Euro verlassen muss“ titelten die patriotischen Antirassisten vom „Spiegel“). Und nur als kuriose Randnotiz wurde die Forderung einiger Ökonomen (Krugman, Mirlees, Stiglitz) wahrgenommen, nicht die anderen, sondern den Exportweltmeister Deutschland aus der Euro-Zone rauszuwerfen.
Auch für TTIP- und G20-Gegner steht der Hauptfeind im Ausland. In keinem der vielen Flugblätter zum Hamburger G20-Gipfel war die Rede von Deutschland. Nicht der riesige deutsche Exportüberschuss von 1.208 Milliarden Euro, sondern Trump, Putin und Erdogan standen im Mittelpunkt.
Großdeutscher Antinationalismus
.-
Gegen „Nationalismus“ zu sein ist heute Staatsdoktrin im großgermanischen Europa und daher auch ein wohlfeiles linkes Bekenntnis. Der teutonische Drang nach Machtentfaltung respektiert keine Grenzen. Die Forderung „No Border“ ist identisch mit dem deutschen Angriff auf die Souveränität der vielen europäischen Staaten, die heute zum peripheren Hinterhof Deutschlands gehören. Das „Vierte Reich“, das gerade kein klassischer Nationalstaat sein will, sondern – wie immer schon – über das eigene Territorium hinaus strebt, braucht keine Grenzen und kennt die der anderen nicht an. Deshalb warnen u.a. Schäuble
und die christlichen Kirchen vor Nationalismus:
Die Deutschen sind keine Nationalisten im herkömmlichen Sinn. Sie wollen eine weltgeschichtliche Rolle spielen, wie so oft in der Vergangenheit. Für die Deutschen ist die Gegenwart grundsätzlich das Unvollkommene. Das Heil liegt für sie immer irgendwo in der Zukunft. Das ist der Grund für ihre Unrast und Unzufriedenheit. Sie sättigt kein Glück, das schraubt ihre Forderungen nur hoch. Zuerst die „Wiedervereinigung“, dann Europa …
Sie konnten sich mit der DDR nicht begnügen, sie wollen tief in die Geschicke des Kontinents eingreifen. Anders als bei den klassischen Nationalstaaten wie Spanien, Frankreich oder England gilt die Nation den Deutschen nicht als das Primäre und Allerwichtigste. Sie passt nicht zu ihren uferlosen Expansions-Gelüsten. Schon die Bonner BRD war nicht als Nation gedacht, das stand auch so im Grundgesetz. Ebenso ist das neue Superdeutschland nicht als Nation gedacht, sondern als Reich. Die Deutschen verabscheuen alles Fertige und Endgültig, das stört ihre Dynamik und ihren Tatendrang. Die Idee des Nationalstaates erfordert paradoxerweise einen Sinn für Maß und Selbsterhaltung. Das Gefährliche wäre nicht ein Deutschland als Nation, das Gefährliche ist der deutsche Unwille, die Idee eines Nationalstaates mit festen und endgültigen Dimensionen anzustreben. Linksalternative „Antinationalisten“ wirken als Avantgarde der deutschen Expansion..
:
–
.
(7.3.)
Einen Bedeutungswechsel gab es auch beim
ANTI-RASSISMUS
MIT DEM ETHNO-ANTIRASSISMUS KOMMT DIE „RASSE“ ZURÜCK
Der Begriff „Rassismus“ wird heute von seiner ursprünglichen Definition abgelöst: Rassisten machen ihre Ausgrenzungspraktiken an unveränderlichen äußeren Merkmalen wie Hautfarbe fest. Diese Rassismus-Definition wurde durch einen neuen kulturellen Antirassismus entgrenzt und inflationiert, der „Rassismus“ auf veränderliche Merkmale und Identitäten (z.B. auf das rein ideologisch motivierte Kopftuch und auf Religion) ausweitet, um dann zum Beispiel von einem „antimuslimische Rassismus“ sprechen zu können. Im Zuge dieser uferlosen Entgrenzung des Rassismus-Begriffs werden auch Praktiken der Naturalisierung des Sozialen, die keinerlei Bezug zu „Rassen“-Ideologien haben – etwa: „Männer sind von Natur aus so“ oder „Franzosen sind arrogant“ – als „rassistisch“ klassifiziert.
..
„Rasse“ ist nicht mehr verpönt.
Zugleich führt der kulturelle Antirassismus zu einer Wiederkehr des Rassebegriffs: „Rasse“ und Wortverbindungen wie „Rassenbeziehungen“, oder „Rassenunruhen“ werden wieder ganz selbstverständlich verwendet.

„Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verpönten Ausdrucks Rasse, bleibt aber ein bloßes Deckbild für den brutalen Herrschaftsanspruch“ schrieb Adorno 1954 in „Schuld und Abwehr“. Doch im Windschatten des Ethno-Antirassismus ist diese sprachliche Verdrängung nicht mehr nötig, weil die behauptete Zugehörigkeit einer Person zu einer anderen „Rasse“ heute nicht abwertend gemeint ist, sondern „wertschätzend„.
Also kann man wieder ganz selbstverständlich den Rassenbegriff in verschiedenen Variationen benutzen. Noch in den 1990er Jahren wurde RASSE auch in Mainstream-Medien (mit Ausnahme von Spex) und in den meisten Texten für Uni-Seminare in Anführungszeichen gesetzt. Das kann heute, da es nicht mehr um gleiche Rechte und den Citoyen-Status für alle geht, sondern um „empowerment“ für konstruierte People of color-Identitäten mit „gemeinsamer Unterdrückungserfahrung“ oder um den Freiheitskampf der Katalanen-Ethnie, die ebenfalls „gemeinsame Unterdrückungserfahrung“ geltend macht, niemand mehr verstehen. Die Anführungszeichen sind nach und nach einfach wieder verschwunden.
Wenn heute deutsche Medien über das „rassistische Amerika“ berichten, sprechen sie völlig selbstverständlich wieder – wie in den 1960er Jahren – von „Rassenunruhen“. In der FAZ heißt es dann zum Beispiel: „Amerikas Nationalgarde soll bei den Rassenunruhen nach den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf einen schwarzen Jugendlichen helfen.“ Und BILD schreibt: „Es begann mit dem Tod von Michael Brown in Ferguson 2014, der die schlimmsten Rassenunruhen seit dem Rodney-King-Blutbad in Los Angeles 1992 auslöste.“ Einige Jahre zuvor konnte man in der FAZ noch lesen: „Das Konzept der Rasse gibt es nun nicht mehr. Genetische Rassenzuschreibungen werden, nicht zuletzt der Geschichte wegen, tunlichst gemieden, der Begriff selbst taucht nicht auf.“
(Nachtrag: Am 11. April erschien in der FAZ unter der Überschrift „Genetik im Zentrum einer neuen ´Rassen´-Debatte. Der Harvard-Forscher David Reich betritt ein Minenfeld“ ein affirmativer Bericht über den von Reich in der New York Times publizierten Text: „How genetics is changing our understanding of race„. Reich, der über die molekular-genetische Geschichte der Menschen forscht, glaubt zu wissen, dass „sozial konstruierte Rassenzuweisungen“ oft mit realen messbaren genetischen Unterschieden übereinstimmen).
.–
In den Medien, im Kulturbetrieb und in den staatlichen und kirchlichen Broschüren über „Diversity“ und „kulturelle Kompetenz“ ist die RASSE also wieder allgegenwärtig. Besonders krass wird es, wenn die entsprechenden Texte mit Fotos und Grafiken illustriert werden.
„Wähle Deine Rasse„: Von Antirassisten durchgesetzte Hautfarben-Emojis fürs iPhone. Ab Oktober 2017 kann mit einem Kopftuch-Emoji endlich auch der unauflösbare Zusammenhang von Religion &Ethnie verdeutlich werden. Davon sind alle begeistert: „Mehr Vielfalt fürs iPhone“, „Der Schwerpunkt liegt auf Diversität.“
:.
Dann zeigt sich besonders deutlich, was mit „bunter Gesellschaft“ gemeint ist: Als hätte man gerade in die Bücher der NS-Rassenlehre geschaut, definiert man rigoros voneinander abgegrenzte Hautfarben-Kategorien (schwarz, braun, gelb, weiß) und ordnet diesen willkürlich die Individuen zu. Auf dieser Grundlage wird dann „Toleranz“ und „Respekt“ für die „anderen Kulturen“ gefordert, die man gerade ethnisch definiert hat. Ein beabsichtigter Nebeneffekt ist, dass die „weißen Deutschen“ (früher: Arier) damit ebenfalls als Ethnie bzw. Rasse bestimmt sind, die nun auch Respekt erwarten können.
.
Ein typisches Beispiel für diesen Neo-Rassismus ist das Kampagnenmaterial der staatlich geförderten antirassistischen Aktion Schule gegen Rassismus. Zuerst werden Kinder und Jugendliche nach Hautfarben sortiert. Durch den Zusatz „Von INNEN sind wir alle gleich“ (weiß), wird die angeblich feststehenden Bedeutung von angeblich klar unterscheidbaren Hautfarben-Gruppen noch stärker hervorgehoben. Im nächsten Schritt wird diese rassistische Markierung bewertet: Alle RASSEN sind schön! Man soll aber, so die Aufforderung, gegenüber den anderen Kulturen/Ethnien/Rassen keine „Vorurteile“ haben, sondern sie ALS ANDERE „wertschätzen„:

Diese antirassistische Rückkehr des Mohrenkopfs bleibt nicht ohne Folgen. Weil „Rassenunterschiede“ gerade an den „Schulen gegen Rassismus“ ständig hervorgehoben werden, fördern sie bornierte Abgrenzungen und den identitären Stolz auf das „Eigene“. In diesem Klima gedeiht dann auch bestens der spezielle arabisch-muslimische Judenhass, der durch die Rede vom „antimuslimischen Rassismus“ unter besonderen Schutz gestellt wird. Deswegen ist es kein Zufall, dass ausgerechnet an der Gesamtschule Friedenau in Berlin-Schöneberg, die zum Netzwerk der „Schulen gegen Rassismus“ gehört, ein 14jähriger jüdischer Schüler von arabischen und türkischen Migrantenkindern beleidigt, bedroht, gewürgt und geschlagen wurde. Die Eltern des Opfers mussten ihren Sohn von der Schule nehmen, weil diese auf Hinweise nicht reagierte.
—-
„Rassismus ohne Rassen“
Mit Ètienne Balibars Postulat eines „Rassismus ohne Rassen“ Anfang der 1990er Jahre – nicht „biologische Vererbung“ sei heute der Inhalt von Rassismus, sondern kulturelle Gegensätze – beginnt der Boom eines kulturellen Antirassismus, der Rassismus als Diskurs, symbolische Delegitimierung und diskriminierendes Vorurteil gegenüber ethno-kulturellen Unterschieden definiert und die Aufwertung ethno-kultureller Gruppenkulturen betreibt. Dieser kulturelle Antirassismus, der die Ungleichheit in den Mittelpunkt stellt und „kulturelle Besonderheiten“ zum zentralen Unterschied zwischen den Menschen erklärt, ist ein neo-völkischer Kulturrelativismus, der aggressiv die „kulturellen Eigenarten“ von „Völkern“, „Ethnien“ und (sexuellen und anderen) „Minderheiten“ gegen jeden Universalismus verteidigt und jede Kritik an den selbstgewählten „kulturellen Identitäten“ und der „Wertschätzung“ partikularer „Vielfalt“ als universalistische Anmaßung und letztlich als Rassismus abwehrt. Dem aufklärerischen Universalismus gleicher grundlegender Rechte, wie er für den Antirassismus lange selbstverständlich war, wird jetzt „Farbenblindheit“ vorgeworfen und fehlender Respekt für die Besonderheiten „kultureller Identitäten“.
Mit Balibars Rede vom „kulturellen Rassismus“ beginnt auch die Relativierung des Antisemitismus als Variante des Rassismus (antiislamische Einstellungen werden zugleich zum „verallgemeinerten Antisemitismus“ erklärt). Immer fahrlässiger wird die Begrifflichkeit seither inflationiert. Unter Labels wie „Neo-Rassismus“ und „Meta-Rassismus“, wird der Rassismus-Begriff auf individuelle Vorurteile, Ressentiments und Naturalisierungen ausgedehnt und beginnt eine akribische Suche nach „versteckten“ und „subtilen“ „Formen des Rassismus“, den man überall aufspürt, wo es um soziale Herabsetzungen geht: „Wenn der Akzent einer Person bewertet wird, dann ist das Rassismus“. Damit man auch dort von Rassismus sprechen kann, wo es um ganz anders geht, wird Rassismus als „äußerst anpassungsfähig“ beschrieben. Seit er nicht mehr mit „biologischer Rasse“ argumentiere, sei er noch viel schlimmer, denn jetzt nutze er alle Komponenten der Identität und Vielfalt: Geschlecht, Alter, politische Einstellung, Religion. Dass es überhaupt keines Rassismus bedarf – weder eines biologischen noch eines kulturellen – um andere herab zu setzen, können identitäre Anti-Rassisten, für die der „Kampf gegen Rassismus“ (seit etwas 1990) zum Ersatz für Staats- und Kapitalismuskritik geworden ist, nicht mehr zur Kenntnis nehmen. „Rassismus“ („ohne Rassen“) wird zur Beschreibung aller sozialen Distinktionspraktiken, wie sie typisch sind in einer hierarchisch strukturierten Klassengesellschaft.
.
„People of Color“
– die antirassistische Wiederkehr des one drop of blood-Rassismus
Deutsche Antirassisten werden immer blonder: Als Gegenpol zu denen, die man nun mit interkultureller Kompetenz geheimnisvollen anderen Kulturen zuordnet, kehrt im antirassistischen Diversity-Schulungsmaterial der „nordische Typ“ zurück. – Deutschtum mit bestem Gewissen.
–
Im Rahmen des intersektionalen (Queer-) Feminismus (besser gesagt: Genderismus) ist der identitäre Antirassismus dann zum Platzhalter des früheren Antimperialismus geworden: Als Ursache des „Rassismus ohne Rassen“ gilt hier der historische europäische Kolonialismus (niemals der noch rassistischere und grausamere arabische), und als seine Opfer gelten alle „People of Color“ – vom Outlaw aus Marokko über den Hamas-Anhänger bis zum saudischen Ölscheich.
Dieser Vorzeichenwechsel beim Antirassismus hat auch die Begriffe Sexismus, Homophobie und Antisemitismus entweder unwirksam gemacht oder gar verdrängt, denn Kritik an patriarchalischen Herrschaftsverhältnissen, sexualisierter Gewalt und Feindschaft gegen die („weißen“) Juden, wird durch die dominante Definitionsmacht des identitären Antirassismus relativiert.
Im „intersektionalen„ Genderismus stehen die Beziehungen zwischen den „Rassen“ und „Ethnien“ und „Kulturen“ (man bevorzugt die nicht minder essentialistische Bezeichnung „Farbige Menschen“ bzw. „People of Color“) über allen patriarchalischen Herrschaftsverhältnissen. Zum Beispiel fällt die Thematisierung von homophoben Angriffen „unterprivilegierter Migranten“ auf „privilegierte“ Schwule unter „Rassismus“.
Die „Privilegientheorie“ dieses Genderismus, der (vor allem in Gestalt des „Netzfeminismus“) von den staatstragenden Medien unterstützt wird, besagt, unterprivilegierte Personen könnten privilegierte Personen per Definition niemals diskriminieren, sie seien also selbst dann Opfer, wenn sie Täter werden. (Opfer von Rassismus könnten demnach nie Anhänger einer rechten Ideologie sein).
Dieser ethnopluralistische Third-Wave-Genderismus ist paternalistischer (geradezu postkolonialer) Identitäts-Rassismus, ein Diskurs privilegierter (oft staatlich alimentierter) Gruppierungen ÜBER „Unterprivilegierte“ , die entmündigt, entsubjektiviert und zu passiven und fremdbestimmten Opfern ihres Schicksals erklärt werden. Die „Unterprivilegierten“ werden zu einer Art ethnischen (Männer-) Gruppe homogenisiert, bei der es scheinbar weder Linke noch Rechte gibt, auch keine Atheisten und nach Emanzipation strebende Frauen, mit denen man sich verbünden müsste.
.
Konfrontiert mit Kritik, reagieren deutsche People of Color-Ideologen mit der Behauptung, der Zusatz „of color“ bezeichne „keine Hautfarbe im biologischen Sinn“, sondern sei ein „Sammelbegriff“ von und für „Menschen mit Rassismuserfahrung“, der im deutschsprachigen Raum mangels treffender Übersetzungen mißverstanden werde.
Hautfarbe ist aber ein reales körperliches Merkmal, das durch die Pigmentierung der Haut bestimmt ist und daher zweifellos auch ein biologisches Merkmal ist. Aber nur Rassisten halten unterschiedliche Pigmentierungen der Haut für einen Beweis der Existenz von „Rassen“, wobei sie in Absehung der fließenden und unendlich vielen Übergänge zwischen hell und dunkel nur zwei Farben sehen: Schwarz und Weiß. Mit der unsinnigen rhetorischen Behauptung, Hautfarbe im biologischen Sinn existiere überhaupt nicht, können sich die PoC-Ideologen von ordinären Rassisten nicht absetzen, denn sie klassifizieren selbst, laden Pigmente mit politischen Bedeutungen auf, indem sie entlang von angeblich unübersehbaren Schattierungen intern widerspruchsfreie Color-Kollektive mit jeweils eigenen politischen Agenden erfinden. Individuen werden diesen Kollektiven unentrinnbar zwangszugeordnet.
Ganz nach der klassisch biologistisch-rassistischen „one drop of blood“–Definition, gelten auch den identitären PoC-Antirassisten alle als „farbig“, die nicht „weiß“ sind . Und diese „Farbigen“ haben – unabhängig von jeder sozialen und geographischen Position – eine gemeinsame „Rassismuserfahrung“, die sie über alle anderen Unterschiede hinweg zu einem antikolonialen, antiimperialistischen und antizionistischen Kollektiv mit den entsprechenden subjektiven cultural values of people of color macht.
.
Das Interesse des Ethno-Antirassismus an „Black Power“:
Gemeinsam gegen den Universalismus der Bürgerrechtsbewegung.

„Mit der sturen Begeisterung für die Neger verträgt sich die Entrüstung über jüdische Unmanieren.“ (Adorno)
Dem „Türkischen Community Radio“ von FSK entspricht im Kulturbetrieb eine Ästhetisierung der Black-Power-Bewegung, die gleichzeitig von radikalislamischen Gruppierungen vereinnahmt wird und ein gemeinsames antizionistisches Bündnis begründet. Medien-Mainstream, Critical Whiteness-Ideologen und radikaler Islam ziehen dabei am selben Strang: Sie sind sich einig in der Ablehnung des heute als „weiß“ und „logozentrisch“ denunzierten Universalismus der Bürgerrechtsbewegung zur Zeit von Martin Luther King. Und diese Denunziation zielt nicht zuletzt auf das damalige Bündnis zwischen schwarzem und jüdischem Freiheitskampf unter aktiver Teilnahme von Kommunisten. Aus Sicht des heutigen antirassistischen Mainstreams war die US-amerkikanische Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre „zionistisch„, „jüdisch“ und „kommunistisch„.
Zusammen mit den nun „wertgeschätzten“ RASSEN entdeckt man im Kulturbetrieb und in den Feuilletons nicht zufällig gerade wieder „Black Power„, die Black Panthers und auch damals angesagte Autoren wie James Baldwin.
Verena Lueken von der FAZ pilgert zu Baldwins Grab. Sasha Marianna Salzmann von der „Künstlergruppe Conflict Zone Arts Asylum“ am Maxim-Gorki-Theater Berlin, wo man antisemitische „Flüchtlings-Theaterprojekte“ fördert (siehe dazu ganz unten auf diesem Blog), erzählt – ebenfalls ganzseitig in der FAZ – wie Baldwin „mein Denken und Schreiben geprägt“ hat, um dann Black Lives Matters und „HipHop-Stars wie Jay Z und Beyoncé“ zu Baldwins Erben zu ernennen. Die Künstlerin Candice Lin setzt sich in der Städelschule am Beispiel von Baldwin mit „intersektionalen Machtverhältnissen“ auseinander. In der Berliner Daad-Galerie geht es um „Erfahrung von Gewalt“ am Beispiel Baldwins. Die Akademie der Künste in Berlin veranstaltet gleich eine ganze Tagung über „postkoloniales Unrecht“ und lässt dabei Texte von Baldwin rezitieren. In Rotterdam steht Baldwin beim Festival „Black Rebels: Navigating the Cultural Divide“ im Mittelpunkt und der dtv-Verlag bringt „endlich, endlich, endlich!“ alle Bücher von Baldwin neu heraus, weil dieser „in den letzten Jahren weltweit neu entdeckt wurde„.
In allen diesen Ankündigungen gibt es keinen einzigen Hinweis auf Baldwins antisemitische Auslassungen. Baldwin forderte 1948 Organisationen, die sich für die Beendigung der Diskriminierung der Schwarzen einsetzten, auf kein Geld von Juden anzunehmen, da diese nur ihr ‚schlechtes Gewissen’ freikaufen wollten. Im April 1967 schrieb er: „Many Jews use, shamelessly, the slaughter of the 6 million by the Third Reich„. Der kürzlich verstorbene jüdische afroamerikanische Sozialist Julius Lester wurde aus dem Afro-American Studies-Department seiner Universität gemoppt, als er Baldwins antisemitische Äußerungen kritisierte. Als der afroamerikanische Botschafter Andrew Young 1979 wegen eines geheimen Treffens mit dem PLO-Repräsentanten Zehdi Terzi zurücktreten musste, schrieb Baldwin: „Nun, der Jude in Amerika ist weiß. Das muß er schon deshalb sein, weil ich schwarz bin. … Aber immer noch macht er die Schmutzarbeit für die Christen“.
Der Baldwin-Boom ist Teil einer Wiederentdeckung von Black-Power und der Black Panther Party in den Medien und vor allem im Kulturbetrieb. Der „Deutschlandfunk“ schwärmt von der Ausstellung „Die Black-Power-Bewegung in der Kunst“ in der Londoner Tate Modern Museum, Netflix zeigt den Film „The Black Panthers: Vanguard of the Revolution“, die WOZ berichtet über eine „bestürzend aktuelle Studie, wie die Black Panthers der weissen Vorherrschaft den Kampf ansagten„, im etablierten antiimperialistischen Laika-Verlag erscheint die Autobiographie von Assata Shakur.
Auch hier wird der schon 1969 von Jean Amery beschriebene Antisemitismus der Black Panthers („Lauf, blasser Jude“ schreiben die Black-Panther-Männer an die Geschäfte und Häuser jüdischer Händler in Harlem“) mit keinem Wort erwähnt. (Und auch ihr Sexismus nicht).
Es gibt aber auch sonst kein Interesse an einer genauen Darstellung der ideologischen Entwicklung der Black Power-Bewegung und der Black Panthers. Meistens heißt es nur, diese sei „radikaler“ gewesen als die Bürgerrechtsbewegung. Zur Illustration zeigt man Fotos, auf denen Malcolm X oder die Panthers mit Gewehren zu sehen sind. Daran soll die „Radikalität“ zu erkennen sein, deren Inhalt ungenannt bleibt.
Niemand zitiert zum Beispiel Clayborne Carsons Studie „In Struggle: SNCC and the Black Awakening of the 1960s“ über die Entwicklung des Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC) von einer Bewegung, in der gemeinsame Aktionen von Schwarzen und Weißen zunehmend zugunsten eines “black nationalism” in Frage gestellt wurden. (Siehe dazu auch Günther Jacob: „Racism keeps the working class divided“ und „Separate but equal“ und „Die Kommunistische Internationale: Thesen zur Negerfrage„).
Deswegen kann dann unerwähnt bleiben, dass die Black Panthers sich vom SNCC-Nationalismus trotz ihres zunächst separatistischen 10-Punkte-Programms wieder abgrenzten und schließlich einem Universalismus (marxistisch-maoistischer Prägung) vertraten und sich um eine „Klassenanalyse“ bemühten.
Das Hauptinteresse besteht darin, die Panthers als bewaffnete Separatisten darzustellen, sie als People of color–Gruppe und Vorläufer des „intersektionalen“ Critical Whiteness– Milieus erscheinen zu lassen und dabei den auf Aussöhnung (reconciliation) orientierten und pro-zionistischen Antirassismus der Bürgerrechtsbewegung als veraltet erscheinen zu lassen.
Die Diskreditierung des universalistischen Antirassismus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die civil and political rights forderte, die Individuen afroamerikanischer Herkunft also als Bürger gleichstellen wollte und am Ziel einer versöhnten und letztlich farbenblinden Gesellschaft (“beloved community”) festhielt, steht deutlich im Mittelpunkt der aktuellen Wiederentdeckung der Black Power-Bewegung durch den „intersektionalen“ Antirassismus, der die „ethnischen Unterschiede“ („differences in skin colour“) jetzt „wertschätzend“ betont und in diesem Zusammenhang warnend vor „the dangers of colour-blindness“ spricht: „It is impossible to be both colour-blind and antiracist„. Der universalistische Antirassismus mit seinem Gleichstellungsanspruch gilt dem Identitäts-Antirassismus als ein Rassismus, der die angeblich unveränderliche Identität der „Farbigen“ verleugnet. Man geht wieder davon aus, dass Personen in ihren Handlungen ihre Rasse/Ethnie/Kultur repräsentieren.
Das Mainstream-Publikum sieht darin die Möglichkeit, unter antirassistischem Vorzeichen mit gutem Gewissen auf der „weißen Seite“ bleiben zu können. Indem man dem „multikulturellen“ Ansatz beipflichtet, kann man den rassistischen Grundüberzeugungen treu bleiben. Indem man vom friedlichen Zusammenleben angeblich existierender „Ethnien/Kulturen“spricht, kann man mit bestem antirassistischen Gewissen stolz auf die „eigene Kultur“ sein. Die „intersektionale“ Rede von der die Menschen angeblich prägenden „Kultur“ ist nur eine weitere Technik des Fernhaltens. Die aktuelle Begeisterung für Black Power- Nationalismus (der heute in der US-Realität so nur von antisemitischen Bündnissen vertreten wird) zielt darauf, das Recht auf einen deutschen Ethno-Nationalismus zu betonen. Wenn alle anderen vom „Stolz“ auf ihre „Ethnie“ sprechen dürfen, dann dürfen es auch die Deutschen. Hinter der „interkulturellen Toleranz“ gegenüber dem Black Power-„Rassenstolz“ verbirgt sich der Wunsch nach einem „arischen“ Stolz.
Martin Luther Kings berühmte „I have a dream“-Rede die das Programm des afroamerikanischen Civil Rights Movement formuliert, steht deshalb für eine Strategie des Kampfes gegen Rassismus, die der neue identitäre Ethno-Antirassismus aggressiv als „weiß“ ablehnt.
Wie schon bei den der 68er-Linken, für die Malcolm X, Eldridge Cleaver, Stokely Carmichael, die Black Panther Party und Angela Davis faszinierende Ikonen waren, findet heute erneut – jetzt aber ohne die klassenkämpferische Perspektive der Achtundsechziger – in den Mainstream-Medien und im Kulturbetrieb der Black Nationalism diverser „intersektionaler“ Sekten-Bündnisse (die in den US auf breite Ablehnung stoßen) mehr Beachtung als die von Martin Luther King repräsentierte Bürgerrechtsbewegung.
Man stellt todesmutige Bürgerrechtlerinnen wie Rosa Parks als naive und harmlose “Apostel der Gewaltfreiheit” dar. Damit man das Klischee vom “gewaltlosen Märtyrer” pflegen kann, unterschlägt man Kings am 4. April 1967 in New York City gehaltene Rede „Jenseits von Vietnam„.
Man liebt das Foto, auf dem der im Vergleich zur Bürgerrechtsbewegung parktisch und theoretisch unbedeutende Malcolm X mit einem Gewehr zu sehen ist, ohne dazu zu sagen, dass es ihn nach einem Mordanschlag der antisemitischen Nation of Islam zeigt. Bei Malcolm X, der gegen „Rassenvermischung“ und „Mischehen“ agitierte, spielte „Gewalt“ in Wirklichkeit keine Rolle, weil er Mitglied der strikt legalistischen Black Muslims war (siehe dazu Günther Jacob „Zur Aktualität von Malcolm X„, S, 681 ff) .
King hingegen sagte zurecht: “Gewaltfreier Widerstand ist keine Methode für Feiglinge, denn es wird Widerstand geleistet. Wenn jemand diese Methode anwendet, weil ihm die Mittel zur Gewaltanwendung fehlen, handelt er in Wirklichkeit gar nicht gewaltfrei.” Anders als heute die neorassistischen „Intersektionalen“ mobilisierte die Bürgerrechtsbewegung alle Unterprivilegierten zur “Poor People’s Campaign” und forderte statt Black Power „Poor People’s Power”.
Es gehört zu den Folgen der Ablehnung des „alt-antirassistischen Universalismus“, dass biedere Taz- und Deutschlandfunk-Redakteure Martin Luther King heute für ein Weichei halten und man sich in diesem Zusammenhang im Stil von Malcolm X über „Haus-Neger“ mokiert. Parallel dazu hetzen radikalislamische Propagandisten gegen „türkische Onkel Toms“ und „Haustürken„, zum Beispiel die TAZ-AKP´lerin Kübra Gümüsay und der Erdogan-Mann Remzi Aru.
.
Identitäre Antirassisten lieben Black Lives Matter
All das bildete wiederum – vor allem seit der Amtszeit von Trump – den Hintergrund für Berichte des antirassistischen Mainstreams über angebliche „Rassenunruhen“ in den USA und über die „Black Lives Matter“-Bewegung (BLM) als angebliche militante Avantgarde neuer „Black-Power-Aufstände“.
Doch die BLM-Klage, es würden im Verhältnis zum Anteil an der Bevölkerung mehr „Schwarze“ von „weißen“ Polizisten erschossen, affirmiert rassistische Definitionen, die hier wiederum gerne kolportiert werden. In den Städten, die in deutschen Medien als afroamerikanische Orte erscheinen, wohnen in Wirklichkeit viele Menschen koreanischer, kambodschanischer, mexikanischer und guatemaltekischer Herkunft. „Schwarze“ sind heute überall eine Minderheit unter den Minderheiten und die afroamerikanische Mittel- und Oberschicht lebt ohnehin anderswo. Zu den „weißen“ Polizisten werden von BLM auch Beamte mit asiatischem oder lateinamerikanischem Hintergrund gezählt. Die hohe Mordrate unter „Schwarzen“, die zu 85 Prozent von anderen „Schwarzen“ umgebracht werden (0,4 Prozent werden von Polizisten erschossen, 40 Prozent der Polizistenmörder sind „Schwarze“ und in vielen Städten ist die Polizei längst nicht mehr nur „weiß“) wird nicht in Zusammenhang mit sozialen Lagen, mit der Gewaltverherrlichung im HipHop, mit dem verbreiteten – „multiethischen“ – Drogen-Bandenwesen und anderen Einflussfaktoren gebracht.
Weil alle in den USA die wirklichen Zusammenhänge kennen, will auch die Mehrheit der Afroamerikaner und sogar die Mehrheit der Rapper nichts mit einer Bewegung zu tun haben, die überwiegend aus Mittelschichtlern mit Trotzkismus-Hintergrund, Palästina-Komitees, identitären PoC-Aktivisten und anderen selbsternannten Sprechern einer längst nicht mehr existierenden „Black Community“ besteht. Dass BLM-Kundgebungen überhaupt Zulauf haben, liegt vor allem an der Verbindung mit der antisemitischen Bewegung der „Palästina-Solidarität„. Gerade deswegen gibt es viel deutsche Sympathie und gilt BLM auch als linker Hoffnungsträger: „In den USA könnte die »Black Lives Matter«-Bewegung zum Katalysator einer linken Opposition werden“, heißt es in Gremlizas Konkret (9/2016).
Eine Ausstellung von Black Panther-Fotos der jüdischen Fotografin Ruth-Marion Baruch im Kölner Museum Ludwig nutzt der – „weiße“ – „Deutschlandfunk“ (dessen Begeisterung für Black Power seit Trump geradezu obsessiv ist), um ganz selbstverständlich Vergleiche zu BLM anzustellen, Begriffe wie „Rassenunruhen“, „Rassenfrage“ „Rassenkonflikt“ und „Rassenintegration„ ohne Anführungszeichen zu verwenden und um folgende Parallele zu ziehen:
„Die Ausstellung ist nur auf den ersten Blick eine Reminiszenz an vergangene Zeiten. Denn gerade vor dem Hintergrund der Black-Lives-Matter-Bewegung – der Gegenreaktion auf die Ermordung von Afroamerikanern durch weiße Polizisten in den USA – besitzen die Bilder von damals eine traurige Aktualität“.
Auch in einem zweiten Artikel heißt es am Schluß:
Die Fotos wirken als wären sie gestern entstanden, am Rande einer „Black Lives Matter“-Kundgebung, nach einer weiteren Attacke auf Schwarze wie in Ferguson. Es hat sich wenig geändert in den letzten fünfzig Jahren. Die Fotos von Ruth Marion Baruch bezeugen das eindrucksvoll.
Bemerkenswert sind hier nicht nur die deutschen Gewaltphantasien im konformistischen Staatskultur-Sender, wo man offenbar einen bewaffneten Kampf schwarzer Separatisten gegen Trumps „weißes Amerika“ nicht schlecht fände. Bezeichnend ist auch, dass nicht einmal die Frage aufkommt, welche Erfahrung die jüdische Fotografin mit dem Antisemitismus der Black Power-Bewegung und der Black Muslims (NOI) machte. Auch der Antisemitismus von Black-Lives-Matter (BLM) wird mit keinem Wort erwähnt.
Besonders bemerkenswert sind schließlich das Plädoyer für einen schwarzen Separatismus und die bösartige Parallelisierung der 1960er Jahre mit der heutigen Situation. Fotos aus den 1960er Jahren wirken auf deutsche Antirassisten“als wären sie gestern entstanden.“ Nur „wenig hat sich geändert in den letzten fünfzig Jahren.“ Die Mittelschicht-Bewegung „Black Lives Matter“, die von der sozialen Frage nichts wissen will, wird als Nachfolge-Gruppierung der Black Panther Party dargestellt. Im Mittelpunkt steht dabei die ignorante Behauptung, trotz der Verabschiedung von Bürgerrechtsgesetzen und der Einführung der affirmative action-Maßnahmen sei NICHTS geschehen. Tatsächlich ist durch den Zugang afroamerikanischer Bürger zu Bildungseinrichtungen und staatlichen Behörden ein schwarzes Bürgertum entstanden, dem heute alle Jobs offen stehen. Innerhalb der US-amerikanischen Mittel- und Oberschicht gibt es heute praktisch keine „ethnischen“ Zugangsbarrieren mehr. Und auch der rechteste Republikaner würde diese Verbesserungen nicht mehr in Frage stellen, so selbstverständlich sind sie heute.
Deutsche aber zeichnen aus bösartigen ideologischen Motiven absichtlich das Bild einer ungebrochenen rassistischen Kontinuität seit den 1960er Jahren. Sie pflegen eine mystifizierende Vorstellung von einem überzeitlichen Rassismus. Diese Vorstellung von einem anthropologischen, kulturübergreifenden Rassismus jenseits von Zeit und Raum ist besonders im postnationalsozialistischen Deutschland sehr beliebt und zugleich ein Merkmal des identitären Ethno-Antirassismus.
Auch bei Berichten über den Anstieg des Antisemitismus in den USA beginnt die Zeitrechnung mit Trumps Wahlsieg. Als einziger Träger des heutigen Antisemitismus gilt das „rassistische weiße Amerika“. Kein Wort hingegen zum Antisemitismus der neuen (schwarzweißen) Black Power-Szene. Kein Wort dazu, dass Trumps Vorgänger Obama sich mit Louis Farrakhan und anderen Antisemiten traf (siehe hier und hier aber auch hier) .
Typisch für diesen „überzeitlichen“ Antirassismus ist auch der Hype um Raoul Pecks einfältigen Baldwin-Film „I Am Not Your Negro“, der Filmdokumente der Sechziger als Bilder der Gegenwart ausgibt und der nicht zufällig in Hamburg zuletzt beim reaktionären „panafrikanischen“ „Black History Month“ gezeigt wurde („Hier können Hamburger die facettenreiche Schwarze Kultur erleben und interkulturelle Kontakte knüpfen„). Alle Kommentare zu dem Film, der als Beitrag „über die Situation der People of Colour“ firmiert, behaupten eine „Ähnlichkeit der Bilder von Polizei-Brutalität aus den 60er Jahren und der Bilder von 2014 aus Ferguson“ und erklären Black Lives Matter zum Nachfolge-Projekt der Black-Power-Bewegung.
–
„Wir sind alle Palästinenser!“
Von der so motivierten Feier der Black-Power-Bewegung ist es ein kurzer Weg zum antirassistischen Schulterschluss gegen Juden und Israel.
Inzwischen hat weltweit eine Verschränkung von Black-Power-Kult, links-antirassistisch auftretenden Anti-Israel-Gruppen und radikalem Islam stattgefunden. Dazu gehört auch die Aneignung von Black Power und von Malcolm X in muslimischen Milieus. Angefangen von deutschtürkischen Straßengangs wie den „Black Panthers“ im Berliner Wedding in den 1980er Jahren, über Bezugnahmen von jihadistischen Rappern wie Deso Dogg, der sich bei seinen antisemitischen Texten auf Malcolm X bezog, bevor er später Killer beim „Islamischen Staat“ wurde.
Black Panther und auch Malcolm X gehören heute zur gemeinsamen Ikonographie von Hamas-nahen Palästina-Komitees, Black Lives Matters-Aktivisten und liberalem weißen Mainstream. Sie alle sehen im „israelisch-arabischen Konflikt“ die Palästinenser als die Schwarzen und Israelis als die Weißen. „Black Power“ ist der Name für diesen gemeinsamen identitären Kampf der „Völker, Ethnien & sexuelle Minderheiten“ gegen „Post-) Kolonialismus, Zionismus und Imperialismus“.(Völker, Ethnien & sexuelle Minderheiten)
Heute ist der antirassistische Mainstream “intersektional”: „Oppressed people should be/are in shared struggle“. African Americans & Palestinians gelten als “natürliche Verbündete”. “Intersectionality” bildet die Klammer dieser antisemitischen Verbindung. Man spricht nicht nur explizit von „Black Lives Matters & Palestinians Intersektionality“, sondern sieht in diesem Pakt das Ideal des identitäten Antirassismus auf den Begriff gebracht: BLM + Hamas gilt als „one of the most prominent expressions of intersectionality.”
Die “Black-Palestinian solidarity” (siehe hier, hier und hier) begann 2014 mit einem “Palestine’s Letter of Solidarity With Ferguson” und dem hashtag #Palestine2Ferguson. 2015 antworteten rund 1000 “Black activists” mit einem “Black Solidarity Statement with Palestine” (hier und hier), das zuerst im Ebony Magazine veröffentlicht wurde. Im selben Jahr reisten BLM-und BDS-Funktionäre nach „Palästina“, womit zunächst die von der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ verwaltete West Bank gemeint war. Inzwischen wurde die Losungen zu „Standing for solidarity from Gaza to Ferguson“ radikalisiert , also zum Bündnis mit den Muslimbrüdern des Islamic Resistance Movement (Hamas).
Danach gab es den Gegenbesuch einer Delegation von “Palestinian students from the West Bank” in Ferguson und St. Louis. Seither gehen die Grußadresen hin und her: “Ferguson with Love From Palestine” und “From Ferguson to Palestine” (Video hier).
Die Parolen lauten: “When I See Them, I See Us: Black Palestinian Solidarity in an Age of Struggle” (Video), “From Ferguson to Palestine – Occupation is a Crime”, “We are #Ferguson, we are #Gaza because we are human”, „Palestine is the new South Africa”, “We see connections between the situation of Palestinians and Black people”, “Israel is an apartheid state” oder “Israeli colonialism & ethnic cleansing”.
Die Israelis seien also “colonialists” und “white supremacists”. Im “Black Solidarity Statement with Palestine,” fordert man das Rückkehrrecht von 7 Millionen “Palestinian refugees”! Diese Leute, die demagogisch „Schwarze Leben zählen“ skandieren, wollen Israel und die Juden wirklich vernichten.
Und alle sind dabei: Es gibt ein spoken word video mit Lauryn Hill (von den Fugees), Angela Davis, Cornel West, Mumia Abu-Jamal, dem Rapper Talib Kweli und Rasmeah Odeh von der PFLP (sie legte die Bombe, die am 21. Februar 1969 zwei junge Männer in einem Supermarkt in Jerusalem tötete, gehörte zu den Organisatorinnen des „Frauenstreiks“ gegen Trump. Inzwischen ausgewiesen). Parallel dazu läuft die Black Power-Welle auch im Mainstream. Beyonce trat 2016 beim Super Bowl mit einer performance in favour of a Black Panther-referencing auf und im Kino läuft „Marvels Superheldenfilm Black Panther“, ein reaktionärer alt right movie, der aber nach Meinung der „Zeit“ „Black Power feiert“.
Dazu passen die antisemitischen Veranstaltungen im westeuropäischen Kulturbetrieb: Die Vernissage „George Jackson in the Sun of Palestine“ in Wien feiert die „politische Verwandtschaft zwischen Black Liberation, Palästinensischer Befreiungsbewegung und anderen anti-kolonialen Kämpfen“ (zu den “Nakba”-Quellen dieser antisemitischen Ausstellung und zu ihrem Kurtaor siehe hier). Auf dem britischen „Malcolm X-Festival“ tritt Leila Khaled von der PFLP auf, die auch bei Anhängern der Labour Party wegen ihrer Flugzeugentführungen immer noch als Heldin gilt. Von Berlin bis Gaza ist man sich einig: Nicht nur der Berliner „Al-Kuds“-Aufmarsch nimmt mit „Free Palestine„-Plakaten Bezug auf Malcolm X, sondern auch die „Islamic University of Gaza„.
Die BLM-Bewegung selbst wird meistens von Leuten aus der weißen und schwarzen Mittelschicht (siehe hier und hier und hier) getragen. Organisiert sind sie überwiegend in antisemitischen Minigruppen wie der Revolutionary Communist Party (ML-Gruppe), der Workers World Party (Ml-Gruppe), der Socialist Party (500 Mitglieder), bei den panafrikanischen separatistischen und antizionistischen Rassisten von der „Ujima People’s Progress Party“ und der „New Afrikan Independence Party”, bei dubiosen Sekten wie “Organization for Black Struggle”, “National Black United Front”, „All-African People’s Revoloutionary Party” und “Muslims for Economic, Racial and Reproductive Justice” sowie bei der BDS-Tarnorganisation “Students for Justice in Palestine” und den “Queer Women of Color – QWOCMAP„.
Nicht offiziell, aber faktisch dabei ist die extrem-antisemitische „New Black Panther Party“ (NBPP), die u.a. eine „jüdische Verschwörung“ für die Terroranschläge am 11. September 2001 verantwortlich macht und einen eigenen schwarzen Staat anstrebt. Micah Johnson, der 2016 in Dallas während einer BLM-Kundgebung gezielt sechs Polizisten erschoss, nahm vorher an Fortbildungen der NBPP in Houston teil. Zum BLM-Milieu gehören auch Personen mit deutschem Pass, zum Beispiel die Afrodeutsche Eritrea Berhane und Seada Hussein Adem (Humbold-Uni) aus Äthiopien.
-..
(7.4.)
UNSICHTBARKEIT DES
ANTI-SEMITISMUS
ANTIRASSISMUS ALS WAFFE GEGEN DEN ZIONISMUS
Wie gut der identitäre Ehno-Antirassismus zur reaktionären Herrschaftsideologie taugt, zeigt sich auch daran, dass er bei Linken den Begriff des Antisemitismus weitgehend verdrängt hat. Durch die Behauptung „antimuslimischer Rassismus“ sei der Antisemitismus von heute, „Türken und Muslime“ seien somit die Juden von heute, wird „Jude“ zum allgemeinen und austauschbaren Synonym für Ausgegrenztsein verharmlost und werden die tatsächlichen Juden zum Verschwinden gebracht.
In diesem Identitäts-Antirassismus lauert immer schon der Antizionismus. Er ist, vor allem wo er zu Critical-Whiteness– und Intersektionalitätsdiskursen radikalisiert wird, geradezu die ideologische Basis der antiisraelischen Boykottbewegung, die wiederum von queer-feministischen Szenen (inklusive dem „islamischen Feminismus“) und deren Sprecherinnen wie Linda Sarsour und Laurie Penny (die antisemitischen Erstunterzeichnerinnen von #ausnahmslos, die Israel boykottieren und von „gehäuteten Bankern“ fantasieren) unterstützt wird.
In diesen Milieus gilt der „Nahost-Konflikt“ als Kampf zwischen Unterdrückern und Unterdrückten, in dem der Part der Nichtweißen von der Hamas und der Part der Weißen von den Juden gespielt wird, die angeblich einen Apartheid-Staat betreiben. Es versteht sich, dass von diesen „rassismuskritischen Genderistinnen“ kein Kommentar zum islamisierten Faschismus und zur „Frauenpolitik“ der deutschen AKP- und MHP-Ableger zu hören ist, denn das wäre aus ihrer Sicht „antimuslimischer Rassismus“.
Die Delegitimation des Zionismus und damit Israels kommt heute antinational und antirassistisch daher. Für ethnopluralistische Antinationalisten ist Israel der Prototyp eines rückständigen Staates, der hartnäckig an einer „nationalen“ und „völkischen“ Definition seines Staatsgebietes festhält. Der Anti-Antisemitismus ist auch im FSK längst vom „Thema Israel“ abgetrennt worden. Nach dieser Abtrennung kann man mit gutem Gewissen gemeinsam mit Antisemiten gegen TTIP und G20 demonstrieren.
.
Es ist bezeichnend, dass im Zusammenhang mit dem rechten „türkischen Community-Radio“ von keiner Seite im FSK der Antisemitismus von AKP und MHP auch nur erwähnt wird und dass auch die große Bedeutung, die der Israelhass für das islam-faschistische Lager (und darüber hinaus) hat, überhaupt nicht thematisiert wird.

Viele Gründer der AKP kamen von der Wohlfahrtspartei, die wiederum aus der Milli-Görüs-Bewegung der 70er-Jahre hervorging. Ein ideologischer Eckpfeiler von Milli Görüs ist nach wie vor eine türkische Version antisemitischer Verschwörungstheorien. Ein politischer Lehrer von Erdogan (und Vorbild von Osama Bin Laden) war der Millî Görüş-Gründer Necmettin Erbakan, der die jüdische „Zins-Lobby“ für das Zentrum aller „Verschwörungen“ gegen die Türkei hielt. Bis heute steht es so immer wieder in dem „türkischen Stürmer“ – in Millî Gazete (siehe oben die Mitgliederliste von Atamtürks Journalistenbund).
Die „jüdische Weltverschwörung“ gehört zum festen Repertoire von AKP- und MHP. Wer nicht den neoosmanisch-islamischen Kurs unterstützt, wer sich zum Beispiel hier „assimilieren“ will, also keinen Wert auf das „Türkentum“ legt, gilt als „Judendiener„. Selbstverständlich ist auch die HDP für sie ein „jüdischen Geschöpf „. Der damalige stellvertretende Ministerpräsident Besir Atalay behauptete, die „jüdische Diaspora“ sei für die Gezi-Park-Proteste mitverantwortlich gewesen.
Erdogan selbst ist davon überzeugt, dass jüdisches Kapital hinter der New York Times steckt. Derzeit macht er die „Zinslobby“ und „jüdische Strippenzieher“ für die wirtschaftliche Misere der Türkei verantwortlich. In seinen Augen ist auch Gülen lediglich der Handlanger eines „jüdischen Staatsstreiches„. Gülen sei entweder Jude oder „Kryptojude“, was heißen soll: Sohn einer jüdischen Mutter und eines armenischen Vaters.
Kaum bekannt ist auch, wie sehr islamisierte Faschisten in der Türkei seit 1979 auch für die „iranische Revolution“ schwärmen – trotz des „Glaubenskampfes“ zwischen Muslimbrüdern und Schiiten.
Jüdische Allgemeine: Hass als Taktik: Erdogans Antisemitismus.
(über Necip Fazil Kisakürek und die radikalislamische İBDA-C)
.
.
(7.5.)
Religion als Identitätskern

Identitäre Ethno-Antirassisten halten auch Religion für ein ethnisches Merkmal. Nicht anders als der Staat, der ganz offen „Integration über Religion“ anstrebt, halten sie Religiosität sogar für den Kern kultureller Identität. Insbesondere dann, wenn sie einen Aberglauben für eine „Minderheiten-Religion“ und daher für eine „Religion der Unterdrückten“ halten, sehen sie darin den Kernbestand kultureller Identität der Marginalisierten und Ausgegrenzten.
Im Fahrwasser des ethnopluralistischen Antirassismus ist Religion unter kulturellen Immunitätsschutz geraten. Religion wurde zur Identitätsmarke, auf die Rücksicht zu nehmen ist – vor allem im öffentlichen Raum. Ausgerechnet Religion, die doch Objekt der Ideologiekritik sein sollte, genießt bei den identitären Antirassisten größten Respekt, wie sie ihn sonst keiner anderen identitätsstiftenden Weltanschauung zollen. Alles was wahnhafte Gläubige (besonders die Männer darunter) für HEILIG erklären (Bedeckung des weiblichen Haares etc) wird zur schützenwerten Religionskultur erklärt. Es gilt als legitim, mit Nachdruck (bis hin zur Drohung) Rücksicht auf „religiöses Empfinden“ einzufordern. Und da der GLAUBE der „Anderen“ für sie eben zum Identitätskern zählt, mögen diese Antirassisten den französischen Laizismus nicht und ganz besonders mögen sie nicht französische Satiremagazine, die diesem GLAUBEN mit Kritik und Spott begegnen.
.
Günther Jacob, Bundesverband Freier Radios, Werner Pomrehn, Freies Sender Kombinat, Transmitter, Christian Helge Peters, Promotionsstipendiat am Hamburger Graduiertenkolleg, „Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik“, „Kriminologisches Journal“, Sicherheitsdispositiv, Kontrollgesellschaft, ChristianHelge.Peters, wiso.uni-hamburg,